Frauen - Medien - Macht



FRAUEN - MACHT EUCH DEN COMPUTER UNTERTAN!

Gertraud Kohlbacher


'Greif das nicht an - du wirst schmutzig - Achtung, das ist gefŠhrlich, lass die Finger davon - nein, das ist nichts fuer MŠdchen - ach lass, das verstehst du nicht - das ist viel zu kompliziert - so etwas brauchst du doch nicht zu wissen......'



1. Frauen und Technikabwehr


Frauen scheinen mit der Technik immer schon auf Kriegsfuss zu stehen.
Wir wissen heute, wenn auch nicht alle davon zu ueberzeugen sind, dass diese Technikfeindlichkeit nicht angeboren, sondern grossteils auf die spezifisch weibliche Sozialisation zurueckzufuehren ist.
Was tun mit dieser Information? Man kann nicht leugnen, dass es hie und da Bestrebungen gibt, MŠdchen mehr fuer technische Ausbildungen zu interessieren, und dass man zumindest die formalen Voraussetzungen fuer eine Chancengleichheit von MŠnnern und Frauen im Beruf versucht zu schaffen.

Die Praxis hinkt allerdings hinter diesen theoretischen Bemuehungen her.
Studien ueber die geschlechtsspezifische Aneignung und Nutzung von Computern zeigen die typische Position der Frauen innerhalb dieser Technologie "..not as primary decision makers but primarily as tools or concepts to be used in the creations of men."1

Sherry Turkle sieht die Ursache dafuer in der Zurueckhaltung von Frauen gegenueber dem Computer, "..because the computer becomes a personal and cultural symbol of what a woman is not." 2 Dieses Symbol wird mit der mŠnnlich dominierten Hackerkultur in Verbindung gebracht, wo der Computer die Stellung eines intimen Partners eingenommen hat, den man kontrollieren und beherrschen kann, der immer da ist, und der einem, durch die Erlangung von FŠhigkeiten und Fertigkeiten, die eigene IdentitŠtsfindung erleichtert.

Frauen lehnen eine Beziehung zu einem Ding strikt ab und nehmen sich in acht "..to become more deeply involved with an object experienced as threatening"3
Der Computer wird in diesem Kontext als bedrohlich erlebt, als Ding, welches Macht ueber den ausuebt, der sich mit ihm einlŠsst.

Sherry Turkle weist auf die soziale Konstruktion des Symbols Computer hin und fordert dazu auf, ein anderes Symbol zu konstruieren, welches der weiblichen Lebenswelt entspricht: "In relatively unconstrained settings, the computer facilitates a new basis for engagement in technical and mathematical thinking, one that allows for their appropriation through a 'close encounter' with an interactive, reactive 'psychological machine' and with computational objects that can be experienced as tactile and physical. It is a style that emphasizes negotiation rather than command of computational objects, a style that suggests a conversation rather than a monologue. This is a port of entry into the world of formal systems for many people, who have always kept at a distance from them. It is a port of entry with particular significance for women. The computer offers a new cultural opportunity to expand the social base of mathematical and scientific fluency." 4

Die Moeglichkeit, seinen persoenlichen Stil zu entwickeln, in der Interaktion die KreativitŠt zum Ausdruck kommen zu lassen, machen aus dem Computer als blosses 'Ding', ein expressives Medium.


2. Kritik

Turkle entwirft hier ein schoenes, positives Bild, aber sie gibt uns leider keine Anleitung, wie man es realisieren soll. Wer soll uns diesen individuellen Umgang mit dem Computer lehren? Koennen herkoemmliche AusbildungstŠtten Abhilfe schaffen, und kann man ueberhaupt auf jegliche Bereitschaft von dieser Seite rechnen? Oder ist das Bild des Computers als expressives Medium ein weiterer Schritt zur unbedingten Technik- bzw. TechnologieglŠubigkeit unserer westlichen Welt? Reicht es aus, um von einem negativen Bild ein positives zu machen?
Vielleicht koennen viele Frauen mit dem Computer als expressives Medium gar nichts anfangen, vielleicht wollen die meisen ihn 'nur' als Werkzeug verwenden. KreativitŠt ist eine besondere Begabung und kann sich Ÿber viele Medien ausdruecken. Es wird eine kleine Minderheit sein, die die KreativitŠt Ÿber den Computer auslebt.

Tatsache ist, da§ sich Frauen in der mŠnnlich dominierten Computerwelt ziemlich schwer zurecht finden und viele negative Assoziationen zu dieser aufgebaut haben.

Es ist Turkle zuzustimmen, wenn sie Frauen dazu aufruft, den Umgang mit dem Computer auf ihre eigene Lebenswelt abzustimmen, d.h. eine weibliche Computerkultur zu schaffen. Aber ein derartiger Aufruf allein ist nicht genug. Es bleibt zu ueberlegen, in welcher Form eine derartige Kultur zu realisieren sei, unter welchen Bedingungen, mit welchen Zielsetzungen etc.. Vielleicht sind in den sich entwickelnden Frauennetzwerken einige AnsŠtze zu finden, auf die man aufbauen koennte.

Quellen:
1 KramarŠ, C.: A Backstage Critique Of Virtual Reality. In: Jones, S.G.(Hg.): Cybersociety. London 1995. S.4
2 Turkle, S.: Compuntational Reticence: Why Women Fear The Intimate Machine. In. KramarŠ, C. (Hg.): Technologie And Women's Voices. Keeping In Touch. Routledge 1988. S.41
3. ebd. S.42
4. ebd. S. 57-58