Frauen - Medien - Macht


NACKTE TATSACHEN - COMPUTERPORNOS AM ARBEITSPLATZ

Susanna Binder




Pornografie wurde - im ueberwiegenden - in der Privatheit konsumiert. Doch wer vernetzt ist, kennt keine strikte Trennung mehr zwischen Privatheit und Oeffentlichkeit. Der Computer im Buero ist nicht mehr lŠnger endlosen Zahlenkolonnen und trockenen GeschŠftsbriefen vorbehalten und Frauen, die mit Pornos am Arbeitsplatz konfrontiert werden, sehen sich einer neuen Form der sexuellen BelŠstigung gegenuebergestellt.

Die Tatsache, daß auch in den Computernetzen Pornografie verbreitet wird, kann nicht verwundern. Die Beziehung zwischen Technologie und SexualitŠt ist nichts Neues. HŠufig ist die Verbreitung von sexuellen Inhalten das erste, was Leute mit einem neuen Medium anzufangen wissen. Davon war das Telefon nicht ausgeschlossen und auch nicht der Videorecorder. Schließlich hatte letztgenannter keine groeßere Bedeutung, bis die Pornoindustrie sich fuer das damals neue Medium interessierte. Und auch das Internet bildet keine Ausnahme.

Welche Probleme koennen nun durch pornografische Inhalte im Netz aufgeworfen werden? Vielleicht denken viele zuerst an die kindlichen Internet-SurferInnen, die auf ihrer Reise mit Pornos konfrontiert werden. Lisa Schmeiser ging diesem Problem nach und kommt nach ihren Recherchen zu dem Schluß: "Es gibt sicherlich Kinder die ... das "Erwachsenen-Material" finden. Aber das sind dieselben Kinder, die jeden erreichbaren Laden im Radius von fuenf Meilen durchsuchen wuerden, um dann den einen Playboy im Regal zu finden. Sie nehmen einen zielgerichteten Aufwand dazu in Kauf, diese Sachen zu finden - (und nicht umgekehrt:) das Material findet sie nicht!. Man muß also gezielt danach suchen - wie in den Rotlichtvierteln unserer StŠdte." Nach jahrelangen intensiven Recherchen zu einer ganzen Anzahl von Themen per Internet, kann Lisa Schmeiser aus ihrer eigenen Erfahrung heraus sagen, daß sie dabei kein einziges Mal zufŠllig ueber schluepfrige Pornos stolperte. Wenn Computerpornos so schwer zu finden sind, dann koennte man fast meinen, daß es mit Netzpornos jetzt und in Zukunft keine allzugroßen Probleme geben wird. Keine Probleme zumindest, die es nicht auch mit "herkoemmlicher" Pornografie gibt - wie zum Beispiel die Verbreitung von Kinderpornos.

Trotzdem gibt es eine Besonderheit der digitalen Pornos und dies koennen Frauen vor allem an ihren Arbeitsplatz zu spueren bekommen. Bei Computerpornos fŠllt die Trennung Arbeit- und Privatleben weg. Es ist nur mehr eine kuenstliche Trennung vorhanden. Damit geht auch die Gleichung "Pornokonsum ist Privatsache" nicht mehr auf. Als dies stellt fuer die arbeitenden Frauen, die mit Pornos am Arbeitsplatz konfrontiert werden eine neue Situation dar.

Computerpornos sichern dem Benutzer hoechste Diskretion. Angefangen vom diskreten Versand ueber die neutrale Anfangsgraphiken bis hin zur Panik- oder Cheftaste - dabei genuegt ein Knopfdruck und eine Tabellenkalkulation erscheint. Ein Password verhindert das Einbrechen anderer in das Programm und es zu knacken erweist sich als schwierige Angelegenheit.
Computerpornos selbst anzufertigen ist eine extrem einfache Sache. Die einfachste und sicherlich auch verbreiteste Form Computerpornos anzufertigen, ist das Einscannen von Bildern. Grafik und Retuscheprogramme sorgen fuer beliebige VerŠnderungen. Diese Manipulierbartkeit von Bildern und auch Filmen, stellt eine Moeglichkeit dar jede Frau zum potentiellen Pornostar zu machen. Dies passierte einer Lehrenden: Einer ihrer Schueler setzte ihren Kopf in eine Pornoanimation. Auch in der Arbeitswelt koennte dieses Mittel eingesetzt werden, um Kolleginnen zu degradieren und ihnen AutoritŠt zu nehmen.
So gibt es auch schon einige Uebergriffe, die Frauen an ihrem vernetzten Arbeitsplatz erfuhren. Bei diesen BelŠstigungen handelte es sich unter anderem um:

o Zuschicken von Pornos als Bildschirmhintergrund.
o Das angebotene Computerspiel entpuppt sich erst beim erstmaligen Probieren als Pornospiel.
o Frau befindet sich mit einem Kollegen in seinem Zimmer und ueber seinen Bildschirm lŠuft gerade eine Pornoanimation. Auch wenn frau es nicht sieht, spuert sie jedoch die angespannte AtmosphŠre.
o Beim Oeffnen einer Datenbank erscheinen Softpornos.

Wie bei allen sexuellen BelŠstigungen, die Frauen wiederfahren koennen, gibt es auch hier keine einheitliche Vorgangsweise, sich dagegen zu wehren. Den betreffenden Mann direkt darauf anzusprechen, kann zwar Fronten aufloesen und fuer die weitere Zusammenarbeit foerderlich sein, genausogut kann das GesprŠch jedoch kippen. Ploetzlich geht es nicht mehr um den Sexismus des Mannes, sondern um die SexualitŠt der Frau (Frauen werden dann hŠufig als pruede hingestellt). Die Moeglichkeit ein GesprŠch zu fuehren sollte frau daher gruendlich ueberdenken. Besteht im Grunde von vornherein kein gutes GesprŠchsklima mit dem Kollegen, sollte man davon Abstand nehmen und andere Alternativen in Betracht ziehen - z.B. die BetriebsrŠtIn informieren.
Gute Kenntnisse im Umgang mit dem Computer koennen sich auch in diesem Fall als Vorteil erweisen: Man loescht die stoerenden Pornos aus dem Netz und kein Mann wird sich darueber lautstark aufregen.


Exkurs: Gibt es Zensur im Internet?

Die Moeglichkeit unzensierte Informationen im Netz weitergeben zu koennen, hat natuerlich nicht nur Vorteile. Diese werden von politisch rechten Kreisen wie auch von der Pornoindustrie genutzt. Rechtlich gesehen fŠllt die Computerinformation und -kommunikation unter das Fernmeldeanlagengesetz d.h. die Kommunikationsdienste unterliegen dem Fernmeldegeheimnis. Demnanch sind die Systembetreiber nicht verantwortlich fuer die Inhalte der privaten Mitteilungen. Derzeit gibt es noch kein eigenes Veroeffentlichungsrecht fuer Mailboxen.
Das Indizieren pornografischer Schriften ist nur bei koerperlichen Medien moeglich. Disketten zŠhlen dazu, Datennetze nicht. So koennen pornografische Daten ungehindert verbreitet werden.
In den kommerziellen Online-Diensten uebt die Verwaltung selbst Zensur aus. Zensur im Netz wird prinzipiell abgelehnt. Dies ist verstŠndlich, denn letztendlich koennte diese gegen die eigenen Informationen gerichtet werden.



Quelle (neben Infos aus dem Internet): Claudia Henkel, Bigga Rodeck: "Computerpornos? Ich wußte gar nicht, daß es so etwas gibt?" In: Anakonga (Hrsg.): Turbulenzen. Wien: Verlag fuer Gesellschaftskritik. Seite 55-68.