Frauen - Medien - Macht


FEMINISTISCHE/FRAUEN-NETZWERKE


Gabriele Hebenstreit und Martina Gron


Da Frauen mit ihren Meinungen und Interessen in den (herkoemmlichen, mŠnnerdominierten) Netzen bisher kaum vertreten sind, soll Frauen die Moeglichkeit gegeben werden, am weltweiten Informations- und Kommunikationsaustausch teilzunehmen. Der Zugang von Frauen zu neuen Technologien soll erleichtert werden, z.B. auch durch gezielte Foerderprogramme. Ein weiteres Ziel ist, sexistische und pornografische Elemente aus einem Frauennetz auszuschliessen.

Europaweit ist der Aufbau einer zentralen Datenbank und Koordinationsstelle von Frauenprojekten geplant. Im deutschsprachigen Raum gibt es mittlerweile einige frauenspezifische Mailboxen (Adressen siehe unten). WPIS (Women as Pathfinders on the Information Superhighway) ist ein Projekt zur Vernetzung von Frauen in Mittel- und Osteuropa und wird von der deutschen "FrauenAnstiftung" und der EU finanziert. Es bietet Frauen/gruppen in Tschechien, der Slowakei, Polen, Russland und Slowenien Telekommunikationstrainings und Beratung fuer NGOs. Beispielsweise wird eine zweiwoechige Sommerschule mit Weiterbildung und Diskussionen zur Telematik angeboten.

Frauennetze sind auch Teil uebergeordneter Zusammenschluesse. Das US-Netz WomensNet beispielsweise gehoert gemeinsam mit PeaceNet, EcoNet, LaborNet u.a. zu IGC (Institute for Global Communication). Und FeMail z.B. ist ein Teil von ZTN (ZaMir [= For Peace] Transnational Network) im ehemaligen Jugoslawien. APC (Association for Progressive Communication) ist ein weltweiter Dachverband von z.Z. 16 nicht-kommerziellen Systemen.


1. Zur Bedeutung elektronischer Vernetzung fuer bereits bestehende Frauenprojekte


Beispiel 1:


IWTC - International Women's Tribune Centre, New York, und ISIS International, Santiago de Chile (vgl. Sorensen)
Die beiden Netzwerke existieren seit Mitte der 70er und stellten schon Verbindungen zwischen den Mitgliedern her, bevor sie noch elektronisch vernetzt waren. Auch heute werden Computer eher zu Textverarbeitung, Adressenverwaltung, Archivierung etc. benutzt als zur Kommunikation. Fuer schnelle Informationsuebermittlung ist derzeit das Fax am wichtigsten. Die beiden Projekte beteiligen sich am Netz vor allem, um selber besser erreichbar zu sein. Die Informationen, die elektronisch verbreitet werden, erreichen andere Frauen als die bisher verwendeten Medien. Vernetzung hat auch einen symbolischen Wert, sie steht fuer ModernitŠt und Fortschritt. Wenn frau die Zukunft nicht versŠumen will, muss sie online sein.

Beispiel 2:

STICHWORT - Archiv der Frauen- und Lesbenbewegung. Bibliothek Dokumentation Multimedia, Wien
Derzeit gibt es im Team Diskussionen darueber, ob ein Internet-Zugang angeschafft werden soll. Die Meinungen gehen auseinander, vor allem angesichts der sonstigen technischen Ausstattung (nur 1 Computer, kein Fax!) steht ein Modem nicht an erster Stelle der Wunschliste. Dennoch findet frau im Stichwort-Newsletter eine Liste von www-Adressen und die Ankuendigung einer Veranstaltung zur Telematik im Herbst. Auch hier bestŠtigt sich also Sorensens Beobachtung, dass in Frauenprojekten (oft) mehr ueber neue Technologien gesprochen als damit gearbeitet wird.

Beispiel 3:

Eine Telefonumfrage unter feministischen Politikerinnen, Journalistinnen etc., ob sie vernetzt sind bzw. was sie davon halten (vgl. BLAU), ergab, dass unter den Befragten ueberwiegend eine positive Einstellung besteht, auch wenn die Frauen selbst "leider noch nicht" vernetzt sind. In jedem Fall ist die Vernetzung ein Thema, frau hat ihre eigene Meinung dazu. Gegenargumente sind vor allem Zeitaufwand und finanzielle Kosten. Hier einige Antworten:

"Ich steh drauf, Informationsfluten auf Knopfdruck zur Verfuegung zu haben."; "Wir sind nicht vernetzt... Das kšnnte sich aber schnell Šndern."; "Ich bin leider noch nicht vernetzt, aber ich wŠre es sehr gerne... Man hat da ganz tolle Moeglichkeiten..."; "Ich bin nicht vernetzt und habe mich darum bisher nicht gekuemmert. Ausserdem habe ich soviel zu tun, dass mir dafuer ueberhaupt keine Zeit bleibt."; "Solange ich telefonisch erreichbar bin und die Post funktioniert, genuegt das fuer meine derzeitige Arbeit."; "Wir haben eine kritische Haltung zur Vernetzung... Im Moment haben wir ausserdem nicht die finanziellen Mittel."


2. Computervernetzung im Spiegel feministischer Printmedien


Die Durchsicht der 3 oesterreichischen Magazine "Auf", "an.schlŠge" und [sic!] von JŠnner 1994 bis Juni 1996 ergab folgendes:

"Auf" brachte im Dez. 1995 (Nr. 90) einen Artikel mit dem Titel "Internet, Frauen!" inkl. einer Adressenliste. Im Text finden sich ausschliesslich positive Bewertungen, das Netz ist "faszinierend", und es ist "keine Hexerei, sich im Netz zurechtzufinden." "Auf" ist seit MŠrz 1996 die erste und bisher einzige Frauenzeitschrift in Oesterreich, die per e-mail (auf@tO.or.at) zu erreichen ist.

In den "an.schlŠgen" gibt es neben Kurzinfos und einem Bericht ueber Neonazis im Internet (MŠrz 1996) auch einen Artikel ueber Frauen im Internet (Juli/Aug. 1995). Der Beitrag ist kritisch, verweist auf die militŠrische Vergangenheit, Sexismus und Pornografie im Netz, den Mangel an "Wegweisern" etc., aber insgesamt steht die Autorin dieser Technologie positiv gegenueber und will die Leserinnen zum Mitmachen animieren: "Also, Frauen - ran an die Netze!" Der Artikel "Irren durchs Internet" (Juni 1996) ist ueberwiegend kritisch geschrieben, im letzten Satz wird aber versoehnlich gesagt, dass die Theoretikerin Donna Haraway uns klarmacht, "dass Technikablehnung bzw. -boykott immer mehr als ein sinnloses Unterfangen erscheinen muessen".

In [sic!] gibt es einen Artikel ueber Pornografie im Internet (Nr. 1/1994), eine Projektbeschreibung einer Frauenmailbox in Zagreb (Nr. 10/1995), und einen Bericht ueber Ariadne (Nr. 8-9/1995), die frauenspezifische Dokumentationsstelle der Nationalbibliothek, der sich teilweise mit elektronischer Vernetzung beschŠftigt. Seit der Nr. 8-9/1995 gibt es in Fortsetzungen eine Cyborg-Story der NiederlŠnderin Karin Spaink.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Neue Medien in den 3 genannten Zeitschriften im untersuchten Zeitraum von ueber 2 Jahren durchaus ein Thema sind, wobei vielleicht weniger darueber berichtet wird als in anderen Zeitungen und Zeitschriften. Moeglicherweise entspricht das aber genau der Bedeutung, die Computervernetzung (momentan) fuer Frauen/gruppen besitzt. Die Einstellung in den Frauenzeitschriften ist kritisch, aber durchaus positiv und zum Einstieg in Mailboxen und Internet motivierend.


Literatur:


an.schlŠge, Juli/Aug. 1995, S. 40-42; MŠrz 1996; Juni 1996, S. 16-21

Auf, Nr. 90/Dez. 1995, S. 21

BLAU - Berliner Frauenzeitung, Nr. 13/1995, S. 12ff

FrauenUmweltNetz (Hg.): Computervernetzung fuer Frauen - Ein Handbuch fuer Einsteigerinnen, eFeF-Verlag, Zuerich, Bern, Dortmund 1995

[sic!], Nr. 1/1994, S. 10-11; Nr. 8-9/1995, S. 36-37 und S. 39-42; Nr. 10-11/1995, S. 19 und S. 37-39; Nr. 12/1996, S. 24-25; Nr. 13/1996, S. 26-28

Tove Sorensen: Moderner Feminismus online? in: BeitrŠge zur Feministischen Theorie und Praxis 40/1995, S. 121-130




LERNEN VON FRAU ZU FRAU


"Mailboxen und Internet fuer Frauen"

Schulungsmassnahme, die aus EU-Mitteln und vom BMAS finanziert wird, fuer Frauen, die beruflich Telekommunikationskenntnisse benoetigen, vor allem fuer Mitarbeiterinnen in Frauenprojekten/NGO's.

Informationen:
Verein Mountain Unlimited
Spiegelg. 8/5
1010 Wien
Tel: 512 65 90, Fax: 513 86 58-9


fuer Studentinnen...


Internet-Einfuehrung fuer Frauen, organisiert von OEH-Frauen der TU Wien
Informationen:
Monika Lanzenberger
Tel.: 588 01-81 18.


FRAUENSPEZIFISCHE ADRESSEN IM INTERNET


OESTERREICH


Female Linz
e-mail: koord.linz@jk.uni-linz.ac.at
http://www.ifs.uni-linz.ac.at/female/female.html
Oesterreichisches Frauennetzwerk
women.a@magnet.at
Auf
e-mail: auf@tO.or.at
Pheminist Cyber Roadshow
http://www.oeh.uni-linz.ac.at/~lisa


DEUTSCHLAND


FemNet
e-mail: sysopin@fem-b.rhein-main.de
WOMAN (Woman only mail and netnews)
e-mail: sysopin@connecta.zerberus.de
http://www.zerberus.de/org/woman/index.html


INTERNATIONAL


Cybergrrl
http://www.webgrrls.com
Geek-girl
http://www.next.com.au/spyfood/geekgirl
Virtual sisterhood
e-mail: vsister@igc.apc.org
http://www.igc.apc.org/vsister/vsister.html
Women's Web World
http://www.feminist.org
Women's WIRE
e-mail: info@wwire.net
Women Homepage MIT
http://www.mit.edu:8001/people/sorokin/women
profem (MitteleuropŠisches Beratungszentrum fuer Frauenprojekte, Prag)
e-mail: profem@ecn.cz


weitere Adressen siehe z.B. in:
FrauenUmweltNetz (Hg.): Computervernetzung fuer Frauen, eFeF-Verlag, Zuerich, Bern, Dortmund 1995